Der Kleingartenverein
Ein schon sehr lange bestehender Verein in unseren Gemeinden ist der Kleingartenverein. Sein Gründungsjahr war bereits 1919.
Nachdem im August 1919 ein Gesetz über Kleinland-und Kleingartenpachtungen im Regierungsbezirk Merseburg beschlossen war, konnten auch erfolgreiche Verhandlungen über die Landpachtungen mit dem Rittergutsbesitzer Goedecke und der Kirche geführt werden. Der Gutsbesitzer bot den Vertretern der an Schrebergärten interessierten Einwohner 5 Hektar Land östlich der Schäferei für drei Jahre zum Pachtpreis von 360 Mark pro Hektar und Jahr an. Dieser Pachtpreis war total überhöht denn der damals übliche Preis für lag bei 100 Mark pro Hektar und Jahr. Trotzdem wurde das Angebot angenommen denn die Not war nach dem 1. Weltkrieg groß und so griff man nach jeder Möglichkeit, die Versorgung der Familie zu verbesser. Schon im September 1919 wurde der „Schreber-Verein Selben" gegründet mit dem 1. Vorsitzenden Otto Gradehand , dem Kassierer Oswald Kützing und Adolf Häßler als Schriftführer. Hinter der Schäferei entstanden die ersten Schreberfelder.
Schon im August 1920 organisierte der junge Verein ein Kinderfest, was in den Gemeinden großen Zuspruch fand. Viele Bürger wollten dem Verein beitreten, um ein Stück Land bewirtschaften zu können. So beschloss man im September 1921 weiteres Land zu pachten. Der Bauer Oskar Wolf trat die von ihm von der Kirche gepachteten 6,2 Hektar Land an den Schreber-Verein ab. Es entstanden die ersten Gärten der heutigen Gartenanlage. Allerdings durften die Parzellen weder eingezäunt noch bebaut werden. Die Mitgliederzahl des Vereins stieg von 48 auf 70. Mit der zunehmenden Geldentwertung stieg der Pachtpreis. Der Rittergutsbesitzer Goedecke und der Kirchenvorstand forderten je Hektar Pachtland den Gegenwert von 6 bzw. 5,32 Zentnern Roggen, das entsprach einem Gegenwert von rund 3200 Mark.
Nach Einführung der Rentenmark im Jahre 1923 wurde der Pachtpreis neu festgelegt. Für das vom Rittergut gepachtete Land mussten 96 RM und für das von der Kirche gepachtete Land sogar 208 RM gezahlt werden. Die Kleingärtner setzten sich nach und nach über das Verbot der Umzäunung und Bebauung hinweg und bauten Zäune und Holzlauben.
Im Februar 1932 wurde mit Beschluss der Mitgliederversammlung der Verein in Schreber-Verein „Früh Auf' umbenannt. Der Verein erhielt 1932 ein zinsloses Darlehen von 2500 RM, für das die Gemeinde bürgte. Mit diesen Mitteln und in vielen Arbeitseinsätzen wurden 5 Brunnen gebohrt und das Gelände umzäunt.Nach dem 2. Weltkrieg war die Nachfrage nach einem Schrebergarten enorm. 1946 und 1952 konnte nochmals Land von der Kirche erworben werden. Es entstand die Gartenanlage in ihrer heutigen Größe von 8,4 Hektar. Die Mitgliederzahl erhöhte sich auf 125
In den Jahren 1967 bis 1969 wurde ein Spartenheim aus Abbruchmaterial durch die Vereinsmitglieder gebaut. Nach und nach wurde das Gebäude in den Folgejahren durch eine Küche, einen Sanitärtrakt und eine verglaste Veranda erweitert und modernisiert. Aus Altersgründen geben ab dem Jahre 1970 viele Schrebergärtner ihre Gärten an Interessenten aus Leipzig, Delitzsch und anderen Orten ab. Zunehmend spielt aber auch der Erholungsfaktor eine Rolle. Es entstanden massive Wohnlauben (bis 1989 insgesamt 79). Durch die Grundwasserabsenkung in unserer Gegend versiegten auch die Brunnen in der Gartenanlage. 1983 begann der Bau eines Tiefbrunnens durch eine DelitzsCher Firma. Das Pumpenhaus bauten die Vereinsmitglieder selbst. Es entstand eine schöne und sehenswerte Anlage, die gern für Spaziergänge genutzt wurde Einkehr im Spartenheim inbegriffen. Garten- und Kinderfeste waren Großereignisse in den Gemeinden. Das Spartenheim hatte Tanzveranstaltungen, Familienfeiern, Rentnernachmittage, Brigadefeiern und Sitzungen des Gemeinderates auf dem Terminplan.Der Verein wurde ausgezeichnet als „Staatlich anerkanntes Naherholungsgebiet" und „Hervorragendes Spartenkollektiv des VKSK" (Verband der Kleingärtner Siedler und Kleintierzüchter) Im Jahre 1990 tritt das „Bundeskleingartengesetz" in Kraft. Ein völliges Umdenken im Verein wurde erforderlich. Die Nachfrage nach Kleingärten lässt erheblich nach, so dass immer mehr Gärten unbewirtschaftet bleiben.